Neurodermitis ist eine chronische Erkrankung. Daher ist natürlich für jede*n Betroffene*n die Frage wichtig, ob und wie neue Arzneimittel gesucht, gefunden und zugelassen werden. Hier möchten wir Dir daher die Arzneimittelentwicklung und Zulassung von Neurodermitis Medikamenten näher bringen.
Neue Wirkstoffe finden
Zunächst muss ein neuer Wirkstoffkandidat gefunden werden. Das geschieht normalerweise in der Grundlagenforschung. Dort werden sogenannte Signaltransduktionswege (also die Prozesse, die auf zellulärer Ebene ablaufen) erforscht. Es wird geschaut, welche Gene und Genprodukte (Proteine, Enzyme, Hormone, Botenstoffe) an der Erkrankung beteiligt sind. Dabei ist die Funktion, wichtig aber natürlich auch gegenseitige Wechselwirkungen. Nachdem von Forschern ein neuer Wirkstoff identifiziert werden konnte, wird dieser zunächst im Labor weiter ausführlich getestet. Dabei wird getestet, ob er die erhoffte Wirkung zeigt, aber natürlich auch, dass er nicht toxisch ist und keine oder nur geringe Nebenwirkungen zeigt. Das geschieht zuerst in der Zellkultur, später an Tieren.
Leider laufen für viele Wirkstoffkandidaten die Forschungen hier oder bereits in früheren Entwicklungsstufen in einer Sackgasse. Das kann daran liegen, dass sich die Wirksamkeit nicht bestätigen lässt oder daran, dass die Nebenwirkungen zu groß sind.
Erst nachdem der Wirkstoff ausreichend weit erforscht wurde, können Studien am Menschen geplant werden. Diese Studien müssen zunächst von den Behörden und Ethikkommissionen genehmigt werden. Für die Genehmigung müssen die Pharmaunternehmen Unterlagen vorlegen, aus denen hervorgeht, dass der Wirkstoff präklinisch ausreichend getestet wurde. Diese Vorgaben sind sehr streng, damit die klinischen Studien auch in frühen Phasen so sicher wie möglich ablaufen.
In seltenen Fällen wird bei einem bereits zugelassenen Medikament eine bisher unbekannte zusätzliche Wirkung festgestellt. Das bekannteste Beispiel dafür ist der Wirkstoff von Viagra, der zunächst in einem Arzneimittel gegen Bluthochdruck eingesetzt wurde. Nach der Zulassung als Blutdruckmedikament berichteten viele Männer über die “Nebenwirkung”. Dann wurde der Wirkstoff im Medikament Viagra für sein jetzt bekannte Indikation zugelassen.
Zulassung von neuen Wirkstoffen
2022 wurden 75 neue Arzneimittel oder Impfstoffe für den EWR (EU plus Norwegen, Island und Liechtenstein) zugelassen. Davon hatten 23 Arzneimittel den Orphan-Drug-Status. Das heißt, es handelt sich um Arzneimittel für sehr seltene Erkrankungen. Das ist deshalb so wichtig, weil die Pharmaunternehmen hier auch sehr viel Geld in die Forschung und Entwicklung investieren, aber durch die geringe spätere Patientenanzahl nicht mit großen Gewinnen rechnen können.
Für die Zulassung muss der Wirkstoffkandidat mehrere Studienphasen durchlaufen:
- Phase I: Zuerst wird der Wirkstoff nur an wenigen gesunden Menschen (keine Kinder, keine Älteren, keine Schwangeren) in niedriger Dosierung erprobt.
- Phase II: Danach kommt der Wirkstoff dann das erste Mal bei Patient*innen zum Einsatz. Dort versucht man die optimale Dosis zu finden, also in welcher Dosierung er die optimale Wirkung erzielt, aber keine oder nur vertretbare Nebenwirkungen hat.
- Phase III: Erst danach wird er an einer größeren Anzahl an Patient*innen getestet. Das versucht man oft in sogenannten randomisierten, verblindeten Studien zu machen. Das bedeutet, dass die Patient*innen nach einer vorherigen Aufklärung zufällig entweder das neue Medikament erhalten oder nur ein Placebo, also ein Mittel ohne Wirksamkeit. Normalerweise sollten aber weder der Patient oder die Patientin noch der Arzt oder die Ärztin wissen, zu welcher Gruppe die Patient*innen gehören.
Mit der Auswertung dieser Studie kann das Pharmaunternehmen dann die Zulassung beantragen, wenn denn nachgewiesen wurde, dass das Arzneimittel die erhoffte Wirkung zeigt und sicher für Patient*innen ist.
Wieso konnten die Corona Impfstoffe so schnell zugelassen werden?
Ein gutes Jahr nach dem Ausbruch der Coronapandemie, waren die ersten Coronaimpfstoffe erhältlich. Viele Menschen waren verunsichert, ob bei einer so schnellen Entwicklung die Sicherheit ausreichend getestet wurde. Die Gründe für die schnelle Zulassung waren:
Weltweit forschte eine Vielzahl von Wissenschaftlern*innen gleichzeitig und mit Hochdruck an der Entwicklung von Impfstoffkandidaten.
Durch die SARS-Epidemie 2002 und die MERS-Epidemie 2012 gab es bereits ein großes Forschungswissen zu Coronaviren.
Die Pharmaunternehmen haben sich frühzeitig und kontinuierlich von den Arzneimittelbehörden beraten lassen.
Kombination von klinischen Prüfungsphasen: Normalerweise müssen vor Einreichung der Zulassungsunterlagen bei der Europäischen Zulassungsagentur alle erforderlichen Datenpakete vollständig vorliegen. Beim Rolling-Review-Verfahren können, noch während die klinische Phase 3 läuft, bereits einzelne Datenpakete vorab zur Bewertung eingereicht und Fragen, die sich während des Bewertungsverfahrens stellen, beantwortet werden. Dadurch nimmt die Bearbeitung, wenn alle Unterlagen vollständig vorhanden sind, deutlich weniger Zeit in Anspruch.
Auch nach der erfolgten Zulassung ist das Pharmaunternehmen verpflichtet, weiterhin zu überprüfen, ob das Arzneimittel wirklich auch im medizinischen Alltag sicher und wirksam ist. Ärzt*innen müssen ebenfalls melden, wenn ihnen Patient*innen von einer bisher unbekannten möglichen Nebenwirkungen berichten.
Neue Neurodermitis Medikamente: Wie ist der Stand?
Weiterhin wird auch intensiv an neuen und innovativen Neurodermitis Medikamenten geforscht. Daher hat sich in den letzten Jahren bereits viel getan und es ist auch damit zu rechnen, dass es zukünftig weitere neue Therapieansätze gibt. Als neue Neurodermitis Medikamente mit innovativem Therapieansatz wurden in den vergangenen Jahren zwei monoklonale Antikörper zugelassen worden sowie seit 2020 drei verschieden sogenannte Januskinase-Inhibitoren. Hier kannst Du nachlesen, wie die erste systemische Therapie bei Neurodermitis wirkt.
Wenn Dir also Dein Arzt oder Deine Ärztin ein neues Neurodermitis Medikament vorschlägt, kannst Du Dir sicher sein, dass es ausreichend getestet wurde. Falls Du dennoch Bedenken hast, solltest Du auf jeden Fall mit Deinem Arzt oder Deiner Ärztin darüber sprechen.
Quellen
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/293472/umfrage/anzahl-neuzulassungen-fuer-arzneimittel-in-der-eu/ Zugriff am 12.10.2022
- https://www.vfa.de/de/presse/pressemitteilungen/pm-024-2021-bilanz-46-neue-medikamente-im-ausnahmejahr-2021.html Zugriff am 12.10.2022
- https://pm-report.de/markt/2022/eu-zulassungsbilanz-2022-so-stark-wie-seit-fuenf-jahren-nicht-mehr.html#:~:text=Von%20Januar%20bis%20kurz%20vor,im%20Vorjahr%20(68%20Zulassungen) Zugriff am 19.05.2023
- https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/schutzimpfung/entwicklung-und-zulassung/ Zugriff am 20.04.2023
- https://www.pei.de/DE/service/faq/coronavirus/faq-coronavirus-node.html Zugriff am 20.04.2023